Projekt 03FMTHH16
Einfluss von kalzifizierten Osteozytenlakunen auf die lokalen Materialeigenschaften in mineralisiertem Hartgewebe
Ausgangssituation & Zielsetzung
Die am häufigsten im Knochen vorkommenden Zellen, Osteozyten, erfüllen eine wichtige Funktion bei der Knochenqualitätserhaltung. Jedoch kommt es im Alter zum vermehrten Verlust lebensfähiger Osteozyten (Noble et al., Bone, 1997) und zur Kalzifizierung der Osteozytenlakunen, wodurch das osteozytäre Netzwerk kompromittiert wird (Busse et al., Aging Cell, 2010).
Aktuell ist unklar, welchen Einfluss die Kalzifizierung von Osteozytenlakunen auf die mechanische Kompetenz des Knochens hat und ob die mechanischen Eigenschaften von kalzifizierten Osteozytenlakunen und der umliegenden Knochenmatrix mit ihren morphologischen Eigenschaften korrelieren.
Vorgehensweise und Methoden
Die Knochenproben (kortikale Femurscheiben) von drei osteoporotischen Frauen (Alter: 79,4 ± 5,5 Jahre) und drei gesunden Kontrollen (zwei Frauen, ein Mann; Alter: 80,6 ± 2,5 Jahre) wurden in Kollaboration mit dem Institut für Rechtsmedizin am UKE gewonnen. Nach Fixierung und Einbettung in PMMA, wurden die Probenblöcke für die quantitative Rückstreuelektronenmikroskopie am UKE durch Herstellung der Planparallelität und Feinpolitur vorbereitet. Mit Hilfe eines Aluminium-Kohlenstoff-Standards konnte die Mineralisierung quantitativ ermittelt werden. Basierend auf dem Mineralisationsgrad wurden normale und kalzifizierte Osteozytenlakunen identifiziert.
Die Probenblöcke wurden anschließend für die Nanoindentation (Abb. 1) an der TUHH weiterverarbeitet. Die Nanoindentation erfolgte standardisiert mit 500 nm Eindringtiefe bei einer Dehnungsrate von 0.05 1/s verwendet (Donnelly et al., J Bone Miner Res, 2005, Yilmaz et al. Acta Biomaterialia, 2016). Nach der Nanoindentation erfolgte eine Verifizierung der Indentposition unter Verwendung von Rückstreuelektronenmikroskopie, basierend auf dieser konnten 315 Indents in die Auswertung einbezogen werden. Unter Verwendung der Software SPSS wurden die Ergebnisse statistisch ausgewertet.
Bild 1: Repräsentative Rückstreuelektronenmikroskopie-Aufnahme mit kalzifizierten und normalen Osteozytenlakunen (links). Vergrößerter Ausschnitt zeigt Nanoindentation an einer dieser Lakunen und der dazu benachbarten Knochenmatrix in Mikroskopansicht (Mitte). Positionsnachkontrolle mit Rückstreuelektronenmikroskopie nach Indentation (rechts).
Bild 2: Graphische Darstellung der Nanoindentations-Ergebnisse in Bezug auf Elastizitäts-Modul und Härte.
Ergebnisse
Unsere Ergebnisse (Abb. 2) konnten zeigen, dass der Elastizitäts-Modul im Inneren einer kalzifizierten Lakune signifikant höher ist als in der benachbarten Knochenmatrix (p<0,01). Auch die Härte der kalzifizierten Lakunen war höher als die der umgebende Knochenmatrix (p<0,01). Zudem ergab sich kein Unterschied im Elastizitäts-Modul (E-Modul) oder der Härte der Knochenmatrix, unabhängig von ihrer Nähe zur mineralisierten Osteozytenlakune. Die beobachteten mechanischen Festigkeitsunterschiede zeigten sich bei den gesunden Kontrollen und den Osteoporose-Patientinnen gleichermaßen.
Unsere Resultate zeigen, dass kalzifizierte Lakunen einen lokalen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften der Knochenmatrix haben. Diese tritt unabhängig von Osteoporose auf. Jedoch gewinnt die Änderung der lokalen Mikromechanik in Osteoporose-Patient*innen an Bedeutung, da kalzifizierte Lakunen dort häufiger auftreten. Diese lokalen Veränderungen in alterndem Knochen wurden bisher vernachlässigt, könnten jedoch insbesondere in Osteoporose-Patient*innen das Frakturrisiko wesentlich beeinflussen.
Beteiligte
Ezgi Deniz Yilmaz
Beispiel X-Projektleitung
Institut für Keramische Hochleistungswerkstoffe
TUHH
Annika vom Scheidt
Beispiel X-Projektleitung
Institut für Osteologie und Biomechanik
UKE
Katharina Jähn
Beispiel Projektleitung
Institut für Osteologie und Biomechanik
UKE
Drittmittelprojekte und Drittmittelanträge
- Die aktuellen Ergebnisse des FMTHH-geförderten Projektes wurden bereits erfolgreich für einen Antrag an die Alexander-von-Humboldt-Stiftung verwendet. Herr Dr. Qwamizadeh konnte mit uns gemeinsam ein Humboldt-Forschungsstipendium für Post-Docs einwerben (ca.€ 90.000) und wird in unserem Labor für zwei Jahre als Post-Doc tätig sein und in seinem Finite-Elemente-Model die ermittelten Elastizitätsmodule und Härten als Berechnungsgrundlage verwenden.
- Des Weiteren arbeiten wir gerade an der Formulierung eines DFG-Antrags zur genauen Untersuchung des Einflusses von kalzifizierten Lakunen auf sich im Knochengewebe ausbreitenden Rissen, einem wichtigen Faktor für das Frakturrisiko. Hierfür sind jedoch weitere Voruntersuchungen in Nanometerauflösung mittels Atomic-Force-Mikroskopie notwendig.
Publikationsliste
- Das Projekt wurde auf der diesjährigen Tagung der European Calcified Tissue Society vorgestellt. Annika vom Scheidt erhielt für ihre Präsentation über die mechanischen Eigenschaften kalzifizierter Lakunen den „Best Presentation Award“ in der New Investigator Session. Ein Manuskript wird aktuell erarbeitet. Für dieses Manuskript werden derzeit noch die um den Indent herum entstandenen Risse genauer begutachtet.