Projekt 04FMTHH16

OCT basierte Navigation für die Gewebeablation und Charakterisierung mit einem PIR-Laser

Das vom Institut für Medizintechnische Systeme (TUHH) und der Arbeitsgruppe Massenspektrometrische Proteomanalytik (UKE) in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Dynamik in Atomarer Auflösung des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie durchgeführte Projekt wurde vom Forschungszentrum Medizintechnik Hamburg im Zeitraum von 2017 bis 2019 gefördert. Dieser Bericht stellt die Ergebnisse des Projekts und die jeweils dazu entstandenen Publikationen dar.

Ausgangssituation und Zielsetzung

Zur effizienten Resektion von Tumoren sollte einerseits sämtliches erkranktes Gewebe entfernt werden, andererseits aber auch so wenig gesundes Gewebe wie möglich beschädigt werden. Für letzteren Aspekt zeigte der neuartige Pikosekunden-Infrarotlaser (PIRL) vielversprechende erste Ergebnisse im Vergleich zu etablierten medizinischen Lasern oder (Elektro-)Skalpellen. Ein weiterer Vorteil des PIRL ist, dass die während der Ablation entstehenden Dämpfe weitestgehend intakte Biomoleküle beinhalten, die für eine massenspektrometrische Analyse genutzt werden können. Diese liefert sehr spezifische Ergebnisse über die Zusammensetzung des Gewebes und ermöglicht somit eine anschließende präzise Charakterisierung. Nichtsdestotrotz ist auch beim PIRL eine präzise Navigation notwendig, um den tatsächlichen Turmorbereich vollständig abzutragen und gleichzeitig möglichst kein gesundes Gewebe zu zerstören.

In diesem Projekt wurde untersucht, inwieweit die optische Kohärenztomographie (OCT) als Bildgebungsmodalität geeignet ist, um eine PIRL Ablation inklusive massenspektrometrischer Analyse zu überwachen und zu navigieren. Neben der grundlegenden optischen und mechatronischen Systementwicklung war ein wesentlicher Aspekt dabei das Bestimmen der Grenzverläufe zwischen verschiedenen Geweben und das Ausnutzen dieser räumlichen Information für einen robotischen Ansatz zur präzisen und reproduzierbaren Steuerung der Ablation. OCT bietet dabei nicht-invasiv die Möglichkeit, auch Informationen über Strukturen zu erhalten, die ein bis zwei Millimeter unter der Gewebeoberfläche liegen.

Vorgehensweise und Methoden

Im Rahmen des ersten Arbeitspakets wurde ein System entwickelt und charakterisiert, welches erlaubt den auf wenige Millimeter limitierten Scanbereich von OCT entlang aller drei Raumrichtungen zu verschieben ohne das Bildgebungssystem als solches mechanisch bewegen zu müssen [4,6]. Das laterale Scannen wurde entgegen der ursprünglichen Planung mit simpleren galvanometrischen Spiegeln realisiert anstelle eines MEMS-basierten Ansatzes, da sich zeigte, dass der wesentliche limitierende Aspekt das adaptive Verschieben des Referenzspiegels ist. Dieser begrenzt zurzeit die erreichbare Dynamik und sollte bei höheren Anforderungen durch beispielsweise einen komplexeren optischen Ansatz ersetzt werden, wofür es jedoch bislang auch in der Literatur noch keine adäquaten Lösungen gibt.

Für das zweite Arbeitspaket wurde die skizzierte Vorrichtung entwickelt und evaluiert [2]. Diese ermöglicht eine robotergeführte Ablation bei simultaner OCT Bildgebung und Absaugung der Ablationsdämpfe für die nachfolgende massenspektrometrische Analyse. Als Alternative zu der direkten volumetrischen Bildgebung aus dem ersten Arbeitspaket erlaubt die Vorrichtung auch das eindimensionale Scannen unmittelbar neben der derzeitigen Ablationsstelle. Anhand der bekannten Roboterbewegung lassen sich solche eindimensionalen Aufnahmen anschließend auch zu dreidimensionalen Aufnahmen zusammensetzen [1]. Es wurde zusätzlich ein Kalibrierverfahren entwickelt, welches eine räumliche Zuordnung zwischen dem eindimensionalen Scanbereich und der Kinematik eines Roboterarms ermöglicht [3].

Im dritten Arbeitspaket wurde für das im ersten Arbeitspaket entwickelte System eine Datenverarbeitung auf Grafikkarten implementiert. Diese erlaubt die Rekonstruktion und Auswertung von über 800 kleinen OCT Volumen pro Sekunden, was das Erkennen und aktive Kompensieren von Bewegungen erlaubt [4,6]. Aufgrund der zuvor entwickelten und in Versuchen getesteten Kalibrierungen zur robotischen Führung der Ablationssonde wurde der ursprünglich angedachte SLAM Ansatz zur Navigation nicht als notwendig erachtet und verworfen. Stattdessen konnten direkt die relevanten Areale gescannt, angesteuert und nach der Ablation ausgewertet werden [5] und der Fokus auf Bewegungskompensation gelegt.

Das vierte Arbeitspaket wurde im Rahmen mehrerer Versuchsreihen bearbeitet, die sich zunächst auf die Untersuchung der einzelnen Teilsysteme im Kontext einer PIRL Ablation konzentrierten. Es wurde dabei insbesondere die Vorrichtung des zweiten Arbeitspakets evaluiert und gezeigt, dass sowohl ein- als auch dreidimensionale OCT Aufnahmen Informationen zur Überwachung des Prozesses liefern [2]. Als weiterer Schwerpunkt wurde auch das räumliche Zuordnen von Ablationsregionen und den dazugehörigen massenspektrometrischen Ergebnissen mittels OCT evaluiert [5].

Ergebnis

Während die Meilensteine der ersten beiden Arbeitspakete im Wesentlichen wie vorgesehen bearbeitet und erreicht wurden, führten deren Ergebnisse zu Änderungen im dritten Arbeitspaket. Es zeigte sich, dass die ursprünglich formulierte Problemstellung durch das entwickelte System weitestgehend obsolet wurde. Daher wurde der Fokus bei der echtzeitfähigen Signalverarbeitung auf das dynamische Kompensieren von auftretenden Bewegungen verschoben. Für das vierte Arbeitspaket ergaben sich Limitationen durch die Verfügbarkeit und Stabilität des noch experimentellen PIRL Systems. Die oftmals erheblich variierende Performance erschwerte es, verallgemeinernde Aussagen ableiten zu können und der Fokus lag deshalb auf der gezielten Evaluation der Teilsysteme unter kontrollierbareren Bedingungen. Eine abschließende und vollständig umfassende Evaluation des Gesamtsystems war bislang noch nicht in den angedachten realitätsnahen Szenarien möglich. Nichtsdestotrotz zeigten die Versuchsreihen, dass OCT eine vielversprechende Modalität für die Überwachung von PIRL Ablationen darstellt. Neben der Möglichkeit für eine automatisierte bildgeführte Ablation ist ein wesentlicher Beitrag die räumliche Information, die zuvor fehlte. Mit dieser lassen sich massenspektrometrische Ergebnisse spezifischen Arealen zuordnen.


Beteiligte

M. A. Christoph Otte
Projektleitung
Institut für Medizintechnische und Intelligente Systeme
TUHH

M. A. Matthias Schlüter
rojektleitung
Institut für Medizintechnische und Intelligente Systeme
TUHH

Prof. Dr.-Ing. Alexander Schlaefer
Leitung
Institut für Medizintechnische und Intelligente Systeme
TUHH


Drittmittelprojekte und Drittmittelanträge

  • Auf Basis der im Rahmen dieses Projekts erzielten Ergebnisse wurde ein Forschungsantrag bei der Landesforschungsförderung der Stadt Hamburg gestellt, jedoch zunächst negativ beschieden. Weitere Anträge sind derzeit in Vorbereitung.

Publikationsliste

  • [1] O.Rajput,M.Schlüter,N.Gessert,T.R.Savarimuthu,C.Otte,S.-T.Antoni,andA.Schlaefer. “Robotic OCT Volume Acquisition Using a Single Fiber”. In: Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Computer- und Roboter Assistierte Chirurgie. 2017, pp. 232–233.
  • [2] J. Dahmen, C. Otte, M. Fuh, S. Maier, M. Schlüter, S.-T. Antoni, N.-O. Hansen, R. Miller, H. Schlüter, and A. Schlaefer. “Massenspektrometrische Gewebeanalyse mittels OCT- navigierter PIR-Laserablation”. In: Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Computer- und Roboter Assistierte Chirurgie. 2017, pp. 112–116. Ausgezeichnet mit einem Reisestipendium und dem zweiten Platz beim Best Poster Award
  • [3] S. Antoni, C. Otte, T. R. Savarimuthu, O. Rajput, and A. Schlaefer. “Optical coherence tomography based 1D to 6D eye-in-hand calibration”. In: IEEE/RSJ International Conference on Intelligent Robots and Systems. 2017, pp. 5886–5891.
  • [4] M. Schlüter, C. Otte, T. Saathoff, N. Gessert, and A. Schlaefer. “Feasibility of a markerless tracking system based on optical coherence tomography”. In: SPIE Medical Imaging. 2019, p. 1095107.
  • [5] M.Schlüter,M.M.Fuh,S.Maier,C.Otte,P.Kiani,N.-O.Hansen,R.J.D.Miller,H.Schlüter, and A. Schlaefer. “Towards OCT-Navigated Tissue Ablation with a Picosecond Infrared Laser (PIRL) and Mass-Spectrometric Analysis”. In: Annual International Conference of the IEEE Engineering in Medicine and Biology Society. 2019, pp. 158–161.
  • [6] M. Schlüter, L. Glandorf, J. Sprenger, M. Gromniak, T. Saathoff, and A. Schlaefer. “High- Speed Markerless Tissue Motion Tracking Using Volumetric Optical Coherence Tomography Images”. In: IEEE International Symposium on Biomedical Imaging. 2020, accepted

Weiterführende Links

ERC Advanced Grant; A collaborative project in physics, analytics, and medicine for picosecond laser technology application in bioanalytics and surgery
Ehemalige Forschungsgruppe “Dynamik in Atomarer Auflösung”, R. J. Dwayne Miller
http://www.surepirl.eu/